Als Gott die Welt erschaffen hatte, kam der Mensch zu ihm und sagte: »Du hast mich als Mensch erschaffen; sage mir auch, wie lange ich lebe, wie ich leben, wovon ich mich nähren und was ich arbeiten soll.«
Gott sprach zu ihm: »Dreißig Jahre sollst du leben. Nähren sollst du dich von allem, was deine Gesundheit nicht zerstört, und deine Arbeit wird es sein, alles zu beherrschen, was es auf der Erde gibt.«
Der Mensch sagte: »Gott, ich danke dir für das gute Leben, das du mir schenkst, aber die Jahre sind mir zu wenig.«
Gott sprach: »Geh‘ und setze dich dort in die Ecke.«
Da kam der Ochse und fragte Gott: »Gott, du hast mich als Ochse auf der Welt geschaffen. Sage mir auch, wie lange ich leben, wie ich leben, was ich arbeiten und wovon ich mich nähren soll?«
Gott sprach zu ihm: »Siehst du den Menschen, der dort in der Ecke sitzt? Er wird dein Herr sein. Deine Arbeit wird es sein, den Acker zu pflügen und die Fuhren zu ziehen. Nahrung sollen dir Gras und Stroh sein, und dreißig Jahre sollst du leben.«
Der Ochse sagte zu ihm: »Oh, Gott, welch ein Ochsenleben! Nimm ein wenig von meinen Jahren.«
Als der Mensch in der Ecke das hörte, gab er Gott ein Zeichen und flüsterte: »Nimm von seinen Jahren und gib sie mir!«
Da lachte Gott und sprach: »Nimm die zwanzig von dem Ochsen!«
Er gab ihm zwanzig Jahre Ochsenleben. Weiterlesen
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Der Mann und die Schlange
Es war einmal ein Weinbauer, der besaß einen schönen Weinstock. Daneben lag ein Steinhaufen. Darin lebte eine große Schlange. Eines Tages sah der Weinbauer die Schlange und beschloss, ihr Gutes zu tun. Am nächsten Tag nahm er eine Schüssel frischer Milch, trug sie zum Weinstock, stellte sie neben den Steinhaufen und blieb in der Nähe, um zu sehen, was geschehen würde. Die Schlange kam heraus, trank die Milch und ließ in der Schüssel ein Goldstück zurück. Dann nahm der Weinbauer die Schüssel mit dem Goldstück und ging heim. Seit dieser Zeit brachte er der Schlange jeden Morgen Milch und bekam viele Jahre lang jedes Mal ein Goldstück. Weiterlesen
Das krumme Knie des Bösen
Einmal hütete Gott Schafe und spielte auf einer Hirtenflöte. Der Böse aber hütete Ziegen und spielte auf einem Dudelsack. Der Böse wollte Gott die Schafe wegnehmen und sagte zu ihm:
»Verstecke du deine Flöte bei den Schafen und ich meinen Dudelsack bei den Ziegen. Finde ich aber deine Flöte, nehme ich dir die Schafe, findest du meinen Dudelsack, wirst du meine Ziegen nehmen!«
Gott versteckte seine Flöte in der Wolle eines Hammels. Der Böse steckte seinen Dudelsack einer Ziege unter ihren Schwanz. Die Schafe gingen an dem Bösen vorüber, und der suchte die Flöte. Es waren alle Schafe vorübergegangen, und er hatte sie nicht finden können. Dann gingen die Ziegen an Gott vorüber, und als die Ziege, die unter ihrem Schwanz den Dudelsack trug, herankam, hustete sie, und der Dudelsack fiel herunter. Da blieb der Böse ohne Ziegen, Gott aber nahm die Ziegen und die Schafe. Das ärgerte den Bösen sehr, denn er war nun ohne Hab und Gut. Da beschloss er, den Wolf zu schaffen, damit der Gottes Schafe und Ziegen fresse, dass dieser ohne Herde bliebe. Er machte aus Holz einen Wolf, konnte ihm aber kein Leben geben, deshalb bat er Gott und sagte: »Du nahmst mir meine Ziegen, gib dafür dem Wolf, den ich aus Holz machte, Leben.«
Gott wusste, wozu der Böse ihn machte; darum sagte er zu ihm:
»Geh‘ und sage zu deinem Holzwolf: Steh‘ auf und friss den Bösen – dann wird er lebendig.« Weiterlesen
Der Bär und das böse Wort
In einem Wald lebten in einer Höhle kleine Bären. Einmal war ein Mann in den Wald gekommen, um Holz zu sammeln, da war eines der Bärenkinder aus der Höhle gekrochen, blieb in einer Hecke auf einem Hügel hängen und konnte nicht mehr loskommen. Der Mann sah das, bekam Mitleid mit dem Bären, ging zu ihm und befreite ihn aus dem Strauch. Er trug ihn in die Höhle zurück und begann von neuem, Holz zu sammeln.
Plötzlich kam die Bärenmutter heran, die alles gesehen hatte, und sagte zu dem Mann:
»Du hast mir Gutes erwiesen; willst du, dass wir Freunde sind?«
Der Mann hatte Angst, aber was sollte er machen? Er fasste sich ein Herz, und sie wurden nach und nach gute Freunde. Als er fortging, versprachen sie sich, dass er oft in den Wald kommen und die Bären an dieser Stelle suchen würde.
Einmal, als sie sich voneinander trennten, umarmten sie sich, und der Mann sagte zu dem Bären: »Ach, Freund, es ist alles schön und gut an dir, aber eines taugt nicht: Du stinkst aus dem Mund!«
Der Mann hatte nicht überlegt, was er sagte, und bemerkte auch nicht, dass das dem Bären weh tat. Diese Worte trafen den Bären tief ins Herz, er erwiderte aber nichts, sondern er hielt ihm nur seinen Kopf hin und bat:
»Schlag mich, Freund, so fest du kannst, mit dem Beil auf den Kopf, kannst du es aber nicht, so fresse ich dich.«
Der Mann war entsetzt und Weiterlesen
Moma se s Roda Proshtava – Altes bulgarisches Hochzeitslied
Die Erschaffung der Erde
Einmal, als Gott und der Böse sich über dieses und jenes unterhielten, kamen sie auf die Erde zu sprechen, wie man sie wohl machen könne. Der Böse glaubte nicht an Gottes Macht, Gott aber sagte zu ihm, er solle dahin gehen, wo die Meere zusammenstoßen und ihm den Meerschaum bringen.
Gott nahm den Meerschaum, tauchte ihn ins Wasser und machte einen Fladen daraus, welcher zu Erde wurde, als er ihn fortwarf. Am Anfang war er so groß wie ein Kuchenblech und zuletzt wie eine Tenne, in deren Mitte er einen Nussbaum pflanzte. An diesen band er eine goldene Schaukel und begann zu schaukeln. Plötzlich schlief er ein. Da schlich sich der Böse ganz leise heran, band die Schaukel samt Gott los und beschloss, ihn ins Wasser zu werfen und zu ertränken. Er machte sich auf den Weg ans Ende der Erde, zum Wasser; er suchte mal hier und mal dort, um das Ende zu finden, aber es gab kein Ende, denn die Erde war so groß und endlos geworden. Nach einiger Zeit erwachte Gott und noch schlaftrunken, als er den Bösen sah, sprach er: »Satan, was machst du?«
»Ich wollte dich ertränken und suchte das Ende der Erde«, gestand der Böse. Weiterlesen