Die drei Lügner

Es waren einmal drei Freunde, die nur vom Lügen lebten. Einst beschlossen sie, einmal so gut und reichlich zu essen wie auf einem Gastmahl, aber alle drei hatten keinen roten Heller. Sie dachten nach und überlegten, wie sie ohne Geld zu einem guten Mittagessen kommen könnten. Schließlich ließen sie sich folgendes einfallen: Der eine sollte einen Fisch herbeischaffen, der zweite Fett und der dritte Brot.

Da ging der erste zu einem Fischer, kaufte für fünfundzwanzig Groschen einen Fisch aus Ochrid und bat ihn, seinen Gehilfen mit dem Fisch in das Haus des Arztes zu schicken, wo er ihm Geld und Botenlohn geben wolle.

Der Fischer gab ihm den Gehilfen mit, und als sie zu dem Haus des Arztes kamen, ging der Lügner zuerst hinein und sagte zu dem Arzt, dass er seinem Sohn ein Klistier geben solle, damit ihm etwas leichter werde, denn das Kind sei ganz wirr im Kopf und sage in einem fort: »Gib mir das Geld, treib keine Scherze mit mir, rede nicht so, denn es ist eine Schande.« Schon oft hatte es so verworren geredet. Nachdem man ihm aber ein Klistier gegeben hatte, sei es ihm immer gleich viel besser gegangen. Er würde auch bezahlen, was es koste, nur wolle er selbst nicht dabei sein, wenn er ihm das Klistier gebe, denn er habe großes Mitleid und könne das Weinen seines Sohnes nicht hören. Er würde bezahlen, was es koste, und sogar noch mehr.

Nachdem der Lügner den Arzt hereingelegt hatte, ging er wieder nach draußen, nahm dem Gehilfen den Fisch ab, brachte ihn dann bis zur Tür und schickte ihn zu dem Arzt, der ihm das Geld geben würde.

»Komm her, Bursche, komm her«, rief ihm der Arzt zu, »gehe hinter das Regal und zieh dir die Hosen aus, ich will dir ein Klistier geben, damit dir etwas leichter wird. «

»Ach, gib mir das Geld für den Fisch, großer Arzt, es gehört sich nicht, dass du so zu mir sprichst, noch dazu in deinem Alter! «

Der Arzt wiederholte seine Worte, doch der Bursche widersprach ihm.

Schließlich wurde der Bursche zornig und ging zu seinem Meister zurück. Nachdem er ihm alles erzählt und ihm die Worte des Arztes wiederholt hatte, ging der Fischer zusammen mit seinem Gehilfen dorthin.

»Warum, großer Arzt, hast du dem Burschen das Geld für den Fisch nicht gegeben, und warum hast du ihm solch schändliche Worte gesagt, wie sie sich für jemanden wie dich nicht gehören? Gib mir jetzt die fünfundzwanzig Groschen für den Fisch, den dein Diener bei mir gekauft hat. «

»Ach, Bruder«, antwortete ihm der Arzt, »ich habe weder einen Diener noch habe ich einen Fisch erhalten, im Gegenteil, der Mann, der den Fisch hat, hat sowohl dich als auch mich hereingelegt. Nun geh und bleib gesund: Du hast deinen Schaden mit dem Fisch, ich aber mit dem Salzwasser, das ich für das Klistier vorbereitet habe. «

Nachdem der Fischer und der Arzt übereingekommen waren, dass irgendein Lügner sie hereingelegt haben musste, ging der Fischer wieder weg.

Der zweite Lügner nahm sich einen kleinen Topf, legte einen Schwamm hinein und ging zu einem Krämer. Dort kaufte er Fett und ließ es in den Topf füllen. Beim Bezahlen begann sich der Lügner mit dem Krämer zu streiten. Er tat so, als hätte der Krämer nur die Hälfte verlangt und wollte ihm nur halb soviel bezahlen. Schließlich schüttete er den Topf wieder aus und ging weg. Dann holte er den Schwamm heraus und drückte das Fett aus.

Der dritte Lügner hatte das Brot auch durch Lügerei von einem Bäcker bekommen. Er ließ ihn an der Tür eines Bades zurück, wo er auf ihn warten sollte, bis er das Geld von zu Hause geholt hätte, und ging zur anderen Tür wieder hinaus. Der Bäcker aber wartet vielleicht immer noch, dass ihm der Lügner das Geld bringt.

Nachdem der dritte Lügner das Brot gebracht hatte, gingen sie alle drei zu einem Gastwirt, gaben ihm den Fisch und ließen sich daraus die verschiedensten Speisen zubereiten. Sie bestellten sich die teuersten Schnäpse zum Trinken, die teuersten Speisen zum Essen und verlangten den besten Wein; sie aßen und tranken, bis sie genug hatten, und dachten gar nicht daran, dass keiner von ihnen Geld besaß. »He, Wirt«, riefen sie dem Gastwirt zu, »bitte, schicke sofort deinen Gehilfen zu uns, er soll uns die Rechnung bringen! «

Ganz schnell schickte ihnen der Gastwirt den Gehilfen mit der Rechnung in das Zimmer hinauf. Als sie die Rechnung sahen, griff der erste in die Brusttasche und tat so, als wolle er den Geldbeutel herausholen, um die Rechnung zu bezahlen. Aber der zweite fasste ihn bei der Hand und tat so, als wolle er ihn nicht bezahlen lassen. »Warum, Freund, willst du bezahlen? Warte, lass mich bezahlen«, sagte er zu ihm.

Kaum hatte der zweite in die Brusttasche gegriffen, als ob er bezahlen wolle, da fasste ihn der dritte bei der Hand. Auch er wollte den anderen nicht bezahlen lassen, sondern es selbst tun.

So ließ keiner den anderen bezahlen. Schließlich kamen sie überein, dem Gehilfen die Augen zu verbinden, und wen er ergreife, der solle bezahlen.

»Ja«, riefen sie, »genauso soll es sein! «

Nachdem sie dem Gehilfen die Augen verbunden hatten, stiegen sie die Treppe hinab und sagten zu dem Wirt: »Gott mit dir! «

»Bleibt gesund, Freunde, ich danke euch«, antwortete der Wirt, »bleibt gesund und kommt bald wieder, bitteschön! «

Nachdem der Wirt eine ganze Weile gewartet hatte, dass der Gehilfe wieder herunterkomme, rief er ihm zu: »He, Gehilfe, komm herunter, was machst du denn dort oben den ganzen Tag? «

»Ja, Meister, ich werde herunterkommen, sobald ich einen ergriffen habe, damit er mir die Rechnung bezahlt. «

Als der Gastwirt das hörte, fraß ihn die Schlange, denn er hatte bemerkt, dass man ihn hereingelegt hatte. Er stieg in das Zimmer hinauf, und da sah er, wie der Gehilfe mit verbundenen Augen an den Wänden entlangtastete.

Als der Gastwirt in das Zimmer getreten war, hatte er etwas mit dem Fuß aufgestampft. Das hatte der Gehilfe gehört; er stürzte sich auf seinen Meister, hielt ihn mit bei­den Händen fest und rief: »Ha, dich habe ich gefasst, du musst jetzt bezahlen! «

»Ja, wegen deiner Dummheit muss ich bezahlen, wer den sonst?! Du hast dich ja hereinlegen lassen von diesen drei Lügnern, die dir die Augen verbunden haben und ge­flohen sind! «

Inzwischen waren die Gäste aus der Gaststube und andere Leute von der Straße herbeigeeilt, um sich mit anzu­sehen, wie der Gehilfe mit verbundenen Augen versuchte, jemanden zu fassen, der bezahlen sollte. Sie hörten sich alles mit an, und alle lachten und wunderten sich über den Teufelsstreich der drei Lügner. Nur der Gastwirt und der Gehilfe lachten nicht. Dafür stritten sie sich, weil die Lügner sie hereingelegt und um das Geld für die Mahlzeit betrogen hatten.

Märchen aus Mazedonien