Die Ratschläge des Königs Salomo

Da war ein Mann, den nannten sie Toniello. Er kannte keinen anderen Besitz als seine Frau, einen Sohn, den er ernähren musste, seine eigenen neun Spannen für das Grab und seine Arme, die Arbeit verrichteten, so man ihnen welche gab. Und obschon er alles Mögliche anfing und sich sputete, bekam er nur so viel, dass er gerade noch, aber gerade noch zu essen hatte. Schließlich wurde er es müde, immer Fasttag zu haben und die Haut seines Bauches auf den Rücken zu binden, wenn er ausging, und er kam mit seiner Frau zu dem Entschluss, zum König zu gehen und zu schauen, ob er ihn nicht als Diener nähme; denn auf diese Weise konnte man sich etwas zusammensparen, und sie würden im Alter einen Notgroschen haben. Die Frau sollte indessen sehen, wie sie ohne ihn zurechtkäme, oder von der Luft leben.
Er ging zum König, das war damals der Salomo, und der nahm ihn als Diener. Er leistete ihm recht gute Dienste, denn er war sehr anstellig und fröhlich, und jedermann fand Gefallen an ihm. Nachdem fünf Jahre vergangen waren, bekam er Sehnsucht nach seiner Frau und seinem Sohn und seinem Zuhause. Und so trat er eines Tages vor den König Salomo und sagte zu ihm: »Herr König, wenn Eure Königliche Majestät es mir nicht übel nehmen, so würde ich nun gern wieder nach Hause gehen, sind es doch nun fünf Jahre, dass ich nicht mehr dort gewesen bin und meine Frau nicht mehr gesehen habe und das Söhnchen, das ich zurückließ.«
»Ich finde, du hast ganz recht«, sagte der König, »wenn es mir auch gar nicht passt, einen anderen Diener anstellen zu müssen, denn neue Gesichter behagen mir nicht sehr. Macht nichts! Geh zum Haushofmeister, rechne mit ihm ab, und er wird dich bezahlen.«
Sie rechneten ab, und der Sold für fünf Jahre belief sich auf dreitausend Pfund, die der Diener sich in Münzen auszahlen ließ. Nachdem sie der Mann in die Tasche gesteckt hatte, dachte er ein Weilchen nach und sagte zu sich: >Nun soll ich von dem König Salomo fortgehen, ohne ihn um einen Rat gefragt zu haben, wo sie doch aus aller Welt hierher kommen, um ihn darum zu bitten, da er so weise ist. Ich werde auch hingehen.<
Gesagt getan; er ging zu ihm und sprach: »Herr König, ich wollte nur sehen, ob Eure Majestät mir auch einen Rat gibt, so wie all den anderen.«
»Kommt auf die Bezahlung an.«
»Und was soll er kosten?«
 »Tausend Pfund.«
»Tausend Pfund? Wird bezahlt, aber nun raus damit!«
»Also, gib acht«, sprach Salomo, »verlasse niemals deinen Weg, auch wenn du einen neuen siehst.«
Toniello blechte seine tausend Pfund und stieß sogleich nach: »Herr König, los, noch einen Rat!«
»Kommt auf die Bezahlung an.«
»Was soll es kosten?«
»Noch einmal tausend Pfund.«
»Also los!«
»Gib acht«, sprach Salomo, »misch dich nicht in die Angelegenheiten anderer, wenn du nicht darum gebeten wirst.«
Toniello, fort mit Schaden, blechte noch einmal tausend Pfund und schluckte auch diesen: »Herr König, da die Haut ja schon dem Wolf gehört, bitte ich um noch einen Rat, und sollte ich auch gänzlich geschoren werden.«
»Da müsstest du die tausend Pfund lockermachen, die dir noch geblieben sind.«
»Hinweg mit ihnen«, sagte er, »und nun heraus mit einem anderen Rat!« Er gab ihm die tausend Pfund, die ihm noch geblieben waren, und Salomo sprach: »Nun gib acht, tue niemals eine Sache, bevor du sie dir nicht dreimal überlegt hast.«
Da rief Toniello: »Vor allem kann ich mich jetzt mit einem ganz leichten Geldbeutel auf den Weg machen und brauche keine Angst vor Dieben zu haben. Nichts für ungut, Herr König! Und wenn wir uns hier unten nicht mehr wiedersehen, so wohl sicher in der ewigen Herrlichkeit.«
»Amen«, sprach Salomo, »aber warte ein bisschen, denn ich möchte nicht, dass du ohne jede Entschädigung von hier fortgehst. Ich schenke dir eine Pastete, aber du darfst sie nicht anschneiden, ehe du nicht glaubst, dass dein glücklichster Tag gekommen sei.« Der König übergab ihm die Pastete, und der Mann nahm sie und brach sogleich auf, um nach Hause zu gehen.

Er ging und ging, und unterwegs gesellte sich ein Mann zu ihm, der ihm erzählte, dass er Panello heiße, dass er die Mitgift seiner Frau geholt habe, fünfhundert Pfund im ganzen, die ihm nun ganz schön Beine machten. Sie kamen zu einer Abkürzung, und Panello sagte zu ihm: »Warum sollen wir sie nicht einschlagen, nachdem wir sie schon gefunden haben? So kommen wir doch ein schönes Stück weiter.« Da blieb Toniello stehen und dachte: >Salomo hat mir den Rat gegeben, niemals meinen Weg zu verlassen, auch wenn ich einen neuen sehe; und dafür habe ich tausend Pfund bezahlt wie einer, der sich’s leisten kann. Und nun soll ich mich nicht daran halten? Niemals!<
 »Nun sieh«, sagte er zu Panello, »ich gehe nicht diese Abkürzung, sondern bleibe auf meinem Weg.«
»Du bist mir vielleicht ein Einfaltspinsel!« erwiderte der andere. »Macht nichts, wenn du nicht mitgehen willst, dann warte ich eben am anderen Ende der Abkürzung auf dich.«
»Also bis nachher, und Gott behüte dich!«
Panello sagte nicht einmal »Amen« darauf, so vernarrt war er in seine Abkürzung, und lief eiligst los. Und Toniello ging auf der Straße, trip-trap, trip-trap, und schaute und schaute nach vorne, ob der Panello nicht bald in der Ferne auftauchte, der am Straßenrand auf ihn warten wollte.
Nach einer Stunde kam er zu einem Kiesweg, der ihm das andere Ende der Abkürzung zu sein schien, aber sein Gefährte stand nicht dort. Er wartete ein Weilchen, um zu sehen, ob dieser nicht bald auftauchen würde; aber nichts, weder schwarz noch weiß. >Ob ihm am Ende etwas zugestoßen ist?< dachte er. Um der Sache auf den Grund zu gehen, schlug er den Weg ein. Nach einer Weile hörte er plötzlich schreckliches Wehgeschrei und Gejammer und Gefluche, und da tauchte auch schon Panello auf, der von einer Seite zur anderen torkelte. »Ja, was ist denn geschehen?« fragte er ihn schon von weitem, »was bringst denn du für Neuigkeiten?«
»Ach, ach, ach!« jammerte der andere. »Ich bin tot und erledigt. Mich muss wohl der… geritten haben, zu der Stunde, da ich die Straße wegen dieser Abkürzung verlassen habe! … das ganze Leben verpfuscht und verdorben!«
»Aber, was ist denn geschehen?« fragte Toniello.
»Was wird schon geschehen sein?« entgegnete der andere. »Ein Mann ist mir in die Quere gekommen, mit einem sauberen Stock, ganz ohne Äste; und bevor ich ihn noch nach Neuigkeiten fragen und irgend etwas sagen konnte, hat er sich auch schon darangemacht, mir mit jenem Stock das Fell zu gerben; und er hat mir mehr Schläge verpasst, als man dem Esel eines Holzfällers verabreichen würde. Und wegen meiner Beine, die nicht so flink waren wie die seinen, konnte ich mich nicht in Sicherheit bringen. Ich kann dir versichern, dass ich mit den Fersen meine Hinterbacken schlug, bis er mich schließlich doch einholte und festhielt; und er brüllte immerfort: »Ah, du Riesenlaus! Um wieviel näher muss doch dieser Weg sein, dass man sogar Wetten deswegen abschließt und hier durchgeht? Und ihr müsst daherkommen und mir mein Land zertreten und neue Wege machen, nur um ein paar Schritte zu sparen. Der Teufel soll mich holen, wenn ich es nicht dazu bringe, dass euch die Lust vergeht, hier durchzumarschieren!«
»Wird wohl der Besitzer dieser Gegend gewesen sein«, sagte Toniello.
»Und ob er es war! Mein Rückgrat weiß es bereits, und auch die Rippen und der Nacken und die Hinterbacken können es bestätigen!«
»Und hat er dich verletzt?«
»Verletzt? Zermalmt hat er mich! Ich weiß überhaupt nicht, wie ich ihm entkommen bin. Es muss wohl sein, dass Gott es so gewollt hat und nichts anders. Und das ist noch nicht einmal das Allerschlimmste!«
»Was sagst du da«, rief Toniello, »sind dir etwa noch andere, noch ärgere Dinge zugestoßen?«
»Jawohl«, erwiderte Panello. »Stell dir vor, kaum war ich diesem Teufel entkom­men und an die sechs Dutzend Schritte gelaufen, da – zack! sprangen hinter einem Sandhaufen zwei Banditen hervor, zeigten mit einem Schießeisen auf meine Brust und riefen: >Geld oder Leben!< Ich musste also die Mitgift meiner Frau hervorholen, fünfhundert Pfund, und hatte keine andere Wahl, als sie ihnen in den Rachen zu werfen, sonst hätte ich wohl das Leben ausgehaucht …« Und hierauf begann Panello abermals zu fluchen und zu wünschen, dass der Blitzschlag, die Pest oder die Fallsucht jene Stunde heimsuchen möge, in der er jene Abkürzung eingeschlagen hatte. Aber davon vergingen weder die Schläge und deren Spuren auf den Rippen, dem Rückgrat, dem Nacken und den Hinterbacken, noch brachte es die fünfhundert Pfund zurück. Und Toniello sagte sich immerfort: >Hundert- und aber hunderttausend Schwadronen von besoffe­nen Teufeln! Was wäre aus meinem Rücken und den dreitausend Pfund gewor­den, wenn mir Salomo nicht jenen Rat gegeben und ich ihn nicht befolgt hätte? Es ist schon wahr: Die hat der König Salomo. Ich aber habe seine Ratschläge und einen gesunden Rücken, und die Rippen und den Nacken in Ordnung, und ein Rückgrat, das marschiert! Wer nicht mehr marschierte, das waren die Beine des Panello, die einknickten. Und er musste sich auf den Bauch legen, denn weder auf dem Rücken liegend noch sitzend oder hockend konnte er es aushalten. Toniello blieb noch eine Weile bei ihm, und da er sah, dass dieser keine ernsthaften Verletzungen hatte und sein Zustand vorübergehen würde, machte er sich wieder auf die Beine, denn es war noch ein paar Tage hin, bis er in sein Dorf gelangen würde.

Er geht und geht, die Nacht bricht herein, und er sieht in der Ferne ein Lichtlein schimmern. Er geht darauf zu, und als er vor einem Haus steht, geht er hin und – poch, poch – klopft an die Tür.
»Wer ist’s?« rufen die im Haus.
»Ein armer Wandersmann, der für diese eine Nacht um Unterkunft bittet«, antwortet Toniello.
Die Tür wurde geöffnet, und Toniello stand vier oder fünf Männern gegenüber, die gerade dabei waren, einen anderen zu vierteilen; und sie hatten ihm bereits den Kopf und die Beine abgehackt und sie bluttriefend an einen Haken gehängt. An den Wänden dort waren überall Köpfe, Beine und Brustkörbe von Menschen aufgespießt, die einen schrecklichen Anblick boten.
Dem Toniello tat es schon leid, dass er angeklopft hatte. Seine Beine wollten von selbst kehrtmachen; aber dann ging er geradewegs hinein, denn es schien ihm, dass er seine Lage nur noch schlimmer machen würde, wenn er flüchtete. »Ave Maria, allzeit Reine!« grüßte er. Die anderen gaben ihm darauf keine Antwort. »Ihr könnt Euch setzen oder in die Küche gehen, um Euch zu wärmen«, sagte der eine zu ihm, der der Hausherr zu sein schien. Toniello trat in die Küche, in der die Wände gleichfalls zur Gänze mit Beinen, Köpfen, Armen und Brustkörben von Menschen behängt waren.
Er setzte sich in eine Ecke. Die Haare standen ihm zu Berge, das Herz schlug ihm bis zum Hals, bumm, bumm, und er zitterte wie der Kamm von einem Hahn. Es wurde ihm schwarz vor Augen.
Nach einer Weile kamen die anderen in die Küche und setzten sich vor das Feuer, und man unterhielt sich lange Zeit über alle möglichen Dinge. Einige Male verspürte Toniello das heftige Verlangen, von den anderen Aufklärung über jene getrockneten Früchte an den Wänden zu fordern. Aber als er daran dachte, wie schlimm es zuvor dem Panello ergangen war, erinnerte er sich wieder an den Rat des Königs Salomo: Misch dich nicht in die Angelegenheiten anderer, wenn du nicht darum gebeten wirst. Und der Mann hielt den Mund und sagte zu sich selbst: >Vorsicht, Fliegen!<
Die anderen begannen nun, ihn nach Neuigkeiten zu fragen, und wollten von ihm dies und das wissen. Er gab allen Antwort, war aber immer vorsichtig darauf bedacht, nicht nach dem Grund für all die Schreckensdinge dort drinnen zu fragen. Sie luden ihn zum Abendessen ein, und zu guter Letzt gaben sie ihm eine Decke, und so konnte er gehen und sich schlafen legen.
Am nächsten Morgen steht er auf, gibt die Decke zurück, sie laden ihn zum Frühstück ein, und es wird geschwatzt und geschwatzt. Er aber ist vorsichtig und hütet sich, zu fragen, was es mit dieser Schar von aufgespießten Köpfen, Beinen, Armen und Brustkörben für eine Bewandtnis habe. Nicht, dass er keine Lust dazu gehabt hätte, aber der Rat des Königs Salomo bewahrte ihn davor, den Mund aufzumachen und zu fragen.
Nachdem man gefrühstückt hatte, verabschiedete er sich von dem Hausherrn und dankte ihm dafür, dass er ihm für die Nacht Unterkunft gewährt hatte. Der Hausherr steckte die Hand in die Tasche und holte daraus vier Goldmünzen hervor, dann sagte er zu ihm ganz trocken: »Nimm das und schlag es mir nicht ab! Vierzig Jahre bin ich nun schon hier, und viele Männer sind seither hier vorbeigekommen, aber keiner war wie du. Als ich der Besitzer dieses Hauses wurde, kamen die Leute hier vorüber, und jedem musste ich über alle meine Angelegenheiten Auskunft geben, bis ich mir schwor, den Nächstbesten, der sich ungebeten in meine Angelegenheiten einmischen würde, zu vierteilen. Es kam einer, mischte sich ein und war auch schon gevierteilt und in Stücke gehackt, und die Stücke hingen an der Wand. Ein anderer kam daher, und sogleich begann er zu fragen: >Und was ist das? Was soll das? Warum ist das so bei dir?< – >Gleich werden wir es dir sagen<, gaben wir zur Antwort, und keine halbe Stunde später war er schon zerstückelt und an den Wänden hier aufgehängt. Von da an wollten alle, die hier haltmachten, wissen, was es mit diesen Köpfen, Armen, Beinen und Brustkörben auf sich habe, und sie alle wurden von uns gevierteilt und an diese Wände gespießt. Wärest du auch solch ein zudringlicher Kerl gewesen wie sie, würdest du dich zu dieser Stunde dort befinden, wo die anderen sind. Weil du aber geschwiegen und dich nur umgesehen hast, und weil du dich nicht um Dinge kümmertest, die dich nichts angingen, kannst du nun ganz frei und unbehelligt fortgehen. Ich aber gebe dir diese vier Goldstücke mit auf den Weg, den du noch vor dir hast; und sollten sie dir zu wenig sein, so sag es nur, ich werde dir noch mehr geben.«
Dem Toniello standen die Haare kerzengerade zu Berge, als er dies hörte und sah. Und weil er es dort nicht länger aushielt, bedankte er sich recht herzlich, stieß ins Hörn und sah, dass er fortkam.
»Hundert- und aber hunderttausend Körbe voll grüner Nester!« fluchte er, sobald er das Haus ein Stück hinter sich gelassen hatte. »Da bin ich ja gerade noch einmal davongekommen! Sieh nur, wenn ich den Mund aufgemacht hätte, um danach zu fragen, wo ich doch so neugierig war… Ach, was wäre wohl ohne den Rat des Salomo geschehen? Da wäre ich nun also gevierteilt, zerstückelt, und meine Bröcklein würden an den Wänden dort hängen. Tausendundeinmal gesegnet sei die Stunde, in der ich mir jene Ratschläge erbeten habe! Tausend Pfund hat mich jeder gekostet. Aber das Leben ist viel mehr wert als alles Geld der Welt, und diese Ratschläge haben mich schon zweimal gerettet. Also aufgepasst, dass ich sie ja niemals missachte und sie mir nicht abhanden kommen, sind sie doch die Frucht der Arbeitstage und der Sonntage.« Und der Mann ergriff den Faden an diesem Ende, und ich kann euch versichern, dass er ihn flugs aufwickelte, indem er sogleich die Beine unter die Arme nahm, um schnell nach Hause zu gelangen.

Und die einzige Sorge, die er hatte, war die, ob seine Frau und sein Sohn noch am Leben sein würden.

Als er durch das Dorf geht, sieht er einen Mann, der Flinten verkauft, und er kauft ihm eine ab, für den Fall der Fälle, dass er angegriffen würde oder angreifen müsse, und mehr noch wegen der vier Goldstücke, die er dafür gab. Mit seinem Schießeisen beladen, kommt er bei stockfinsterer Nacht in sein Dorf und steuert geradewegs auf sein Haus zu. Er findet es verschlossen, guckt durch das Schlüsselloch und sieht seine Frau, die mit einem Kaplan beim Essen sitzt. Sogleich schwant ihm Übles, und er drückt sein Kinn an die Flinte und will auf die beiden schießen.
Wie er schon beim Zielen ist, spürt er einen Stich in seinem Herzen, so als wollte es ihm sagen: »Was machst du denn nun wieder? Was soll der Unsinn? Hat dir Salomo nicht den Rat gegeben, dass du, bevor du eine Sache tust, sie dreimal bedenken sollst?« – »Es gehört sich, dass ich hineingehe und zuerst schaue, was es damit auf sich hat; und dann ist für mich immer noch Zeit zu schießen, falls hier ein schmutziges Spiel gespielt wird.«
Er nahm sein Kinn von der Flinte, hängte sie sich über die Schulter und klopfte – poch, poch – an die Tür. Die Frau öffnet, und wie er nun vor ihr steht, sieht sie ihn von oben bis unten an; sie erkennt ihn, fängt an zu schreien und umklammert ihn weinend, dann sagt sie zu jenem Kaplan: »Mein Sohn, das ist dein Vater! Gib ihm die Hand!«
Toniello erstarrte zu Stein, er wusste nicht, wie ihm geschah. »Das ist dein Sohn, den du bei mir zurückgelassen hast«, erklärte ihm die Frau. »Gott hat mir beigestanden, ich konnte für ihn aufkommen und auch für seine Schulen. Nun hat er seine letzten Weihen empfangen, und morgen liest er seine erste Messe.« Da umarmten sich alle drei weinend vor Glück. Aber wer am meisten weinte, das war Toniello, der die Stunde segnete, in der er König Salomo um die drei Ratschläge gebeten hatte, und der nun überzeugt war, die dreitausend Pfund, die sie ihn gekostet hatten, gut angelegt zu haben. Und er erzählte seiner Frau und seinem Sohn alles, was ihm widerfahren war.
Am nächsten Morgen las sein Sohn die erste Messe. Als sie mit dem Essen fertig waren, holte Toniello jene Pastete hervor, die Salomo ihm gegeben hatte und die er erst an dem Tag anschneiden sollte, an dem er am glücklichsten sein würde. »Heute ist es soweit«, sprach er, »heute soll sie angeschnitten werden. So glücklich wie heute werde ich wohl nie mehr sein, kein bisschen mehr!« Er schneidet die Pastete an, und was sagt ihr dazu? In ihrem Inneren lagen die dreitausend Pfund, die er für die drei Ratschläge des Königs Salomo bezahlt hatte. Nicht nur Toniello, sondern auch die Frau und der Sohn glaubten, den Verstand zu verlieren vor lauter Glück, und sie hörten nicht auf, Gott von ganzem Herzen zu danken. Und so lebten sie, bis… sie gestorben sind. Und wer’s nicht glaubt, soll gehen und nachsehen.

Katalanisches Märchen