Es war einmal ein Reicher, der tat immer sehr schlau. Auch hatte er eine schöne Tochter. Viele Freier warben um sie. er aber wies alle ab und sagte, nur der bekomme seine Tochter zur Frau, dem es gelinge, ihn dreimal übers Ohr zu hauen. Das hatte jedoch bisher keiner fertiggebracht.
In der Nachbarschaft lebte ein armer Bursche, der kam eines Tages auf den Hof des Reichen und fragte ihn: „Gilt auch für mich das, was du den anderen versprochen hast, und gibst du mir deine Tochter zur Frau, wenn ich dich dreimal überliste?“
Da lachte der Reiche, dass die Wände wackelten.
„Es gilt! Mein Ehrenwort, du sollst sie haben, wenn’s dir gelingt, mich dreimal zu betrügen! Bisher hat’s keiner geschafft.“
„Vielleicht schaffe ich es?“ meinte der Bursche.
„Mach, dass du fortkommst, Möchtegern!“ schimpfte der Reiche. „Siehst du denn nicht, dass das Boot schon bereitsteht und ich zum Fischfang hinaus will?“
„Nimm mich mit auf den See“, bat ihn der Bursche, „was ich fange, soll dir gehören.“
Da ließ der Reiche den Burschen ins Boot steigen. Der legte sich in die Riemen und lenkte das Boot vor ein Röhricht, wo, wie er wusste, der Grund dermaßen steinig war, dass die Fische ihn mieden. Dort warf er die Angel so geschickt aus, dass sie sich an einem Stein festhakte, und sagte zum Reichen: „Ei der Tausend, ein Fisch hat angebissen, der muss recht groß sein, hilf mir ihn herausziehen!“ Weiterlesen
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Amo, der Fischersohn
An einem Gewässer hauste der Fischer Atam mit den Seinigen. Tag um Tag ging er mit dem ersten Hahnenschrei fischen und kehrte erst spät am Abend in die Kate zurück. Nicht jederzeit lachte ihm das Glück, nicht immer zog er einen Fang ans Land.
Einmal, als er das ausgeworfene Netz einholte, sah er einen großen, silbrig schimmernden Fisch darin zappeln. Außer sich vor Freude rief er seinen Sohn Amo herbei, damit der das Netzende halte, bis er ein Fischeisen holte. Amo aber, dem der schöne Fisch leid tat, ließ ihn schwimmen. Als Atam zurückgekehrt das Netz leer sah, verabreichte er zornentbrannt dem Sohn eine Ohrfeige.
Ohne ein Wort zu sprechen, begab, sich Amo nach Hause, legte die feinsten Kleider an und nahm Abschied von der Mutter.
„Vater hat mir Unrecht angetan“, sagte er, „drum ziehe ich fort von euch, um in der Welt mein Glück zu versuchen.“
Ziellos wanderte er von Dorf zu Dorf, die Leute nach Arbeit ausfragend, fand aber nirgends eine. Müde geworden, legte er sich zur Abendstunde an einem Waldsee nieder, um die Nacht über auszuruhen. Am Morgen mit steifen Gliedern erwacht, sah er einen Jüngling herantreten, der grüßte ihn freundlich und sagte:
„Steh auf, Amo, wir haben den gleichen Weg!“ Weiterlesen
Der Tiger und der Affe
In den alten Zeiten, als die Tiger kein Fleisch fraßen und sich von Insekten ernährten, wurden gar weite Landstriche von einer großen Trockenheit heimgesucht.
Auch im Dschungel siechte alles hin. Am meisten litt unter der Dürre der Büffel, ein großes und starkes Tier, das viel Grünfutter brauchte. Er wurde von Tag zu Tag schwächer, schleppte sich mit Mühe und Not an einen fast ausgetrockneten Fluss und sah dort höchst verwundert eine grüne Wiese, auf der Hirsche grasten. Die Hirsche erkannten sofort, dass der Büffel ihnen nichts anhaben konnte, und jagten ihn von der Wiese.
Da nahm der arme Büffel die letzten Kräfte zusammen und begab sich zum Tiger, dem Herrscher des Dschungels. Der lag im Schatten und schnappte nach umherfliegenden Heuschrecken.
Der Büffel trat vor ihn hin und sprach: „Herrscher des Dschungels, erlöse mich aus großer Not, befiehl den Hirschen am Flussufer, mich auf der grünen Wiese weiden zu lassen. Ich will mich dir dafür erkenntlich zeigen und wenn es nötig ist, Leib und Leben für dich hingeben!“
Der Tiger, dem der Büffel leid tat, ging mit ihm zur grünen Wiese.
Als die Hirsche des Herrschers ansichtig wurden, stoben sie auseinander und zogen sich zurück. Nun konnte der Büffel ungestört grasen.
Von Stund an hielten Büffel und Tiger wie Pech und Schwefel zusammen. Der Büffel brauchte keinen Gegner zu fürchten, wenn sich der Tiger in der Nähe aufhielt, und auch der Tiger kam auf seine Rechnung, denn der Büffel erdrückte, sich im Grase wälzend, haufenweise Heuschrecken und Grashüpfer. Weiterlesen
Das krumme Knie des Bösen
Einmal hütete Gott Schafe und spielte auf einer Hirtenflöte. Der Böse aber hütete Ziegen und spielte auf einem Dudelsack. Der Böse wollte Gott die Schafe wegnehmen und sagte zu ihm:
»Verstecke du deine Flöte bei den Schafen und ich meinen Dudelsack bei den Ziegen. Finde ich aber deine Flöte, nehme ich dir die Schafe, findest du meinen Dudelsack, wirst du meine Ziegen nehmen!«
Gott versteckte seine Flöte in der Wolle eines Hammels. Der Böse steckte seinen Dudelsack einer Ziege unter ihren Schwanz. Die Schafe gingen an dem Bösen vorüber, und der suchte die Flöte. Es waren alle Schafe vorübergegangen, und er hatte sie nicht finden können. Dann gingen die Ziegen an Gott vorüber, und als die Ziege, die unter ihrem Schwanz den Dudelsack trug, herankam, hustete sie, und der Dudelsack fiel herunter. Da blieb der Böse ohne Ziegen, Gott aber nahm die Ziegen und die Schafe. Das ärgerte den Bösen sehr, denn er war nun ohne Hab und Gut. Da beschloss er, den Wolf zu schaffen, damit der Gottes Schafe und Ziegen fresse, dass dieser ohne Herde bliebe. Er machte aus Holz einen Wolf, konnte ihm aber kein Leben geben, deshalb bat er Gott und sagte: »Du nahmst mir meine Ziegen, gib dafür dem Wolf, den ich aus Holz machte, Leben.«
Gott wusste, wozu der Böse ihn machte; darum sagte er zu ihm:
»Geh‘ und sage zu deinem Holzwolf: Steh‘ auf und friss den Bösen – dann wird er lebendig.« Weiterlesen