Einst lebte in einem Schloss ein böser Graf. Tagsüber tötete er die Hirsche in den Wäldern. Des Nachts schlief er erst ein, wenn er sich zuvor die Gefangenen in seinem Kerker angeschaut hatte. Ihre Seufzer und ihre Gebete machten ihm Vergnügen. Traf er auf seinen Ausritten auf ein Tier, so schlug er es. Stieß er auf einen Wanderer, so misshandelte er ihn. Wenn er sich von weitem einem Dorfe näherte, so flohen alle Menschen in ihre Häuser. Mütter brachten ihre kleinen Kinder eilends vor ihm in Sicherheit.
An einem trüben und nebligen Herbsttag ritt er allein zwischen den zur Hälfte entlaubten Bäumen hindurch, die den Weg säumten, auf seinem hohen, schwarzen Ross. Er kam an eine Quelle. Dort sah er, wie eine alte Frau vergeblich versuchte, einen gefüllten Krug mit sich zu schleppen. Sie war sehr arm, denn sie war in Lumpen gehüllt, und sie war sehr schwach, denn ihre mageren Hände hielten zitternd den Henkel umklammert. Sie sah mitleiderregend aus. Auf ihrem verwelkten Gesicht kreuzten sich die Falten, Spuren von Alter, Kummer und Elend. Sie richtete ihre fast erblindeten Augen zu ihm auf und flehte ihn mit schwacher Stimme an: »Habt Erbarmen, Herr. Helft mir!«
Er aber lachte nur höhnisch, und Weiterlesen