Es war Frühling.
Auf einer Weide graste eine Ziege mit ihrem Zicklein.
Die Ziege suchte und wies dem Kleinen fürsorglich das zarte Hammelgras, das seine ersten Blüten öffnete und weiß wie Schnee auf der noch gelbbraunen Steppe leuchtete.
Als sich kein Hälmchen mehr fand, hängte die Ziege dem Zicklein eine kleine kupferne Glocke um den Hals. „Ich gehe jetzt und sehe mich nach einem anderen Weideplatz um. Warte hier auf mich. Wenn jemand dir etwas zuleide tun will, läute! Dann komme ich und helfe dir.“
„Ja“, sagte das Zicklein; und die Ziege lief.
Sie hatte kaum ein paar Sprünge gewagt, als sie die Schelle klingen hörte. Wie sie erschrak, kehrtmachte und rannte!
„Was ist, wer bedroht dich, mein Kind?“ fragte sie ganz außer Atem.
„Eine Fliege hat sich auf mein Bein gesetzt. Ich bitte dich, jage sie weg“, antwortete das Zicklein.
„Und ich fürchtete schon, die Wölfe kämen! Dass du mir nicht noch einmal läutest, wenn du nicht in Gefahr bist!“ schalt die Ziege und machte sich wieder auf den Weg.
Sie war jedoch kaum in der ersten Schlucht verschwunden, als sie die Schelle aufs Neue vernahm.
Wieder erschrak sie und rannte.
„Was ist, wer bedroht dich, mein Kind?“ Weiterlesen
Showing all posts tagged Mongolei
Freiheit ist das höchste Gut
Es lebte in einem Khanat ein Mann, dem gebar die Frau einen Sohn.
Der Junge wuchs sehr schnell heran, wurde alsbald so groß und behend, dass der Vater ihm ein rotbraunes Fohlen schenkte, auf dem er in die Steppe hinausreiten konnte. Auch Bogen und Pfeile führte der Junge und erlegte so manchen Fuchs und Hasen.
Eines Tages kam der Khan durch die Gegend geritten und hörte die Leute reden: „Seht mal den Recken da, der hat nicht seinesgleichen! Ihn müsste man als Khan über das Volk einsetzen. Unser Herrscher gleicht einem übertränkten Pferd, fressen tut er viel, aber vor der Arbeit drückt er sich.“
Erzürnt beschloss der Khan, den Jungen aus der Welt zu schaffen. Er ließ ihn zu sich in seine Jurte führen und sprach: „Man munkelt, du seist der stärkste Mann im ganzen Khanat, und von deinem Reittier behaupten die Leute, es sei das feurigste hierzulande. Reite also gen Süden, wo Mangus, der zehnköpfige Menschenfresser haust, und bringe ihn vor meine Jurte!“ Weiterlesen