Ein junger Bursche namens Markelja geriet in türkische Gefangenschaft und verbrachte dort viele Jahre. Da er aber in allen Sätteln gerecht war, dazu auch witzig und sangesfreudig, hatte ihn jedermann gern. Auch ein türkischer Wesir gewann ihn lieb und beschloss, ihn zum Islam zu bekehren und zu adoptieren. Mit Lügen und Schmeicheleien versuchte er den Burschen so weit zu bringen, dass er den mohammedanischen Glauben annahm, doch dieser ließ sich nicht fangen, rutschte ihm wie ein Aal aus den Fingern. Das ging eine Weile so, aber dann verlor der Wesir die Geduld. Er befahl, Markelja in die Moschee zu bringen und ihn gewaltsam mohammedanisch zu machen.
„Höre, du Pestbeule!“ sagte er zu Markelja. „In drei Tagen wirst du gewaltsam zum Islam bekehrt. Und fügst du dich nicht darein, dann schlage ich dir den Kopf ab.“ Weiterlesen
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Die vier Musikanten
Eines Abends kamen vier Musikanten in ein verfallenes Schloss. Der Mond beschien die geborstenen Mauern, und die Bäume reckten ihre Aste zu den Fensterhöhlen hinein.
„Freunde“, schlug ein Musikant den anderen vor. „Wollen wir den letzten Schlossbewohnern nicht ein Liedchen vorspielen?“
Die anderen waren einverstanden, und sie spielten eine lustige Weise, die seltsam in dem alten Gemäuer widerhallte. Als sie verklungen war, kam ein winziges, dürres Männlein aus einer Mauerspalte, dankte ihnen für ihr Spiel und schenkte jedem ein Nusszweiglein mit der Bitte, es den Kindern mitzubringen. Die Musikanten nahmen die Zweige, warfen sie aber unterwegs verächtlich fort und spotteten sogar über die wertlose Gabe. Nur einer steckte sein Zweiglein in die Tasche und schenkte es nach der Heimkehr seinen Kindern. Weiterlesen
Für wen der Vogel sang
Zwei Freunde gingen durch den Wald und hörten einen Vogel singen.
„Höre, Freund, wie schön der Vogel für mich singt!“ sprach der erste.
„Er singt nicht für dich, sondern für mich!“ antwortete der zweite.
„Nein, für mich!“ widersprach der erste.
Ein Wort gab das andere, sie stritten miteinander, und gleich nach der Heimkehr lief der erste zum Richter, um seinen Freund zu verklagen.
„Und wenn Sie meine Partei ergreifen, Herr Richter“, schloss er, „dann bringe ich Ihnen auch heute Abend einen fetten Ochsen!“
„Keine Sorge“, erwiderte der Richter. „Dein Freund wird den Rechtsstreit verlieren!“
Da ging der erste Freund erleichtert seiner Wege. Kaum war er aber fort, da kam der zweite, trug dem Richter ihren Streitfall vor und schloss:
„Wenn Sie meine Partei ergreifen, Herr Richter, dann will ich Ihnen auch heute Abend einen fetten Hammel zutreiben.“
„Keine Sorge“, erwiderte der Richter, „dein Freund wird den Rechtsstreit verlieren.“
Am nächsten Morgen stellten sich beide Kläger beim Gericht ein, jeder in der Hoffnung, den Rechtsstreit zu gewinnen. Sie sahen sich mit scheelen Blicken an. Der Richter gab sich den Anschein, als sähe er sie zum ersten Mal, und ließ sich den Fall vortragen.
„Meine Freunde!“ sprach er dann. „Ihr seid beide im Irrtum. Der Vogel hat weder für den einen noch für den anderen gesungen. Falls ihr mir versprecht, euch zu versöhnen, wie es sich für ehrenhafte Leute schickt, will ich euch sagen, für wen er sang. Seid ihr damit einverstanden?“
„Jawohl, Herr Richter!“ riefen die Freunde wie aus einem Munde.
„Wohlan“, sprach der Richter. „Der Vogel sang für mich.“
„Ergebensten Dank, Euer Gnaden!“ antworteten die Freunde, versöhnten sich und gingen heim. Unterwegs besprachen sie den Fall und kamen zu dem Schluss, dass der Vogel in der Tat für den Herrn Richter gesungen, ihm nämlich einen Ochsen und einen Hammel eingebracht hatte.
Märchen aus Jugoslawien