Der Kreuzschnabel

Der Kreuzschnabel

Als der Heiland litt am Kreuze,
Himmelwärts den Blick gewandt,
Fühlt‘ er heimlich sanftes Zucken
An der stahldurchbohrten Hand.

Hier, von allen ganz verlassen,
Sieht er eifrig mit Bemühn
An dem einen starken Nagel
Ein barmherzig Vöglein ziehn.

Blutbeträuft und ohne Rasten
Mit dem Schnabel zart und klein,
Möcht‘ den Heiland er vom Kreuze,
Seines Schöpfers Sohn befrein.

Und der Heiland spricht in Milde:
„Sei gesegnet für und für!
Trag‘ das Zeichen dieser Stunde,
Ewig Blut und Kreuzeszier!“

Kreuzesschnabel heißt das Vöglein;
Ganz bedeckt vom Blut so klar,
Singt es tief im Fichtenwalde
Märchenhaft und wunderbar.

Julius Mosen

Ich bring dich durch die Nacht – Reinhard Mey

 

Die Schatten werden länger,
Der graue, grame Grillenfänger
Streicht um das Haus.
Der Tag ist aus.
Die Ängste kommen näher,
Sie stell‘n sich größer, krall‘n sich zäher
In der Seele fest,
In deinem Traumgeäst.
Manchmal ist es bis zum anderen Ufer der Nacht
Wie ein lichtloser Tunnel, ein nicht enden wollender Schacht.

Ich bring dich durch die Nacht, Weiterlesen

Spruch gegen den Nachtmahr

Spruch gegen den Nachtmahr

Nachtmahr, du leilich (böses) Tier,
Komme mir in der Nacht nicht hier.
Alle Wasser sollst du durchwaten,
Alle Bäumchen sollst du abblättern,
Alle Blümchen sollst du abflücken,
Alle Grübchen sollst du auslecken,
Alle Sträucher sollst du durchkriechen,
Alle Pfützchen sollst du aussaufen,
Alle Hälmchen sollst du zählen.
Komm mir in der Nacht nicht quälen. Weiterlesen