Über die Dummheit

Es war einmal ein Bauer, der hatte eine dumme Frau. Eines Tages schickte er sie in die Stadt zum Markt, um Gänse zu verkaufen. Auf dem Markt angelangt, wusste die Frau aber nicht, wieviel Geld sie für die Gänse verlangen könnte. Sie hielt einen Bauern an, zu dem sagte sie: „Guter Mann, bleibt ein Weilchen hier stehen und passt auf meine Gänse auf! Ich will mich inzwischen erkundigen, wieviel ich dafür verlangen kann. Aber“, fuhr sie fort, „damit ich Euch wiedererkenne, wenn ich zurückkomme, nehmt hier meine schafslederne Jacke und haltet sie in der Hand.“
Sie gab ihm die schafslederne Jacke, überließ ihm die Gänse und ging weg. Als sie zurückkam, war der Bauer samt den Gänsen und der schafsledernen Jacke verschwunden. Da ging sie heim und erzählte ihrem Mann, was ihr widerfahren.
Bitterböse wurde der Mann und sagte: „Weil du so dumm bist, verlasse ich dich jetzt und ziehe in die weite Welt! Sollte ich irgendwo ein Weib finden, das so dumm ist wie du, so kehr ich zu dir zurück, wenn nicht, dann leb wohl!“
Machte sich auf und ging. Über eine Weile kam er in ein Dorf und sah eine Frau, die hinter einer Henne herlief und sie verprügelte. „Was tust du da, gute Frau?“ fragte er.
„Die Henne hat Küchlein, will sie aber nicht an sich saugen lassen!“ entgegnete sie.
„Was gibst du mir, wenn ich dich lehre, die Küchlein zu füttern?“ fragte er.
„Fünfzig Marktgroschen!“
„So bring mir etwas Mehl!“ befahl er. Sie tat es, er knetete aus dem Mehl einen Teig und krümelte ihn auf die Erde. Die Henne pickte die Krümchen und rief gleichzeitig ihre Küchlein herbei, fütterte sie also. Da beruhigte sich die Frau, gab ihm das Geld, und er zog weiter.
Er ging und ging, und als er in das nächste Dorf kam, sah er eine Frau, die hatte eine Leiter ans Dach gelegt und mühte sich, eine Kuh über die Leiter auf das Dach zu zerren. Zu der ging er hin.
„Was treibt Ihr da, gute Frau?“ fragte er.
„Auf meinem Dach ist ein saftig grünes Gras gewachsen“, entgegnete sie. „Die Kuh soll es abweiden, aber das dumme Tier will nicht die Leiter hinaufklettern.“
„Und was gebt Ihr mir, wenn ich Euch lehre, wie Ihr es machen müsst?“ fragte er.
„Was immer Ihr auch verlangt, nur lehrt es mich!“ Da nahm er eine Sichel, kletterte auf das Dach, sichelte das Gras ab und gab es der Kuh zu fressen. Die Frau gab ihm fünfzig Marktgroschen, und er zog weiter.
Am Rande desselben Dorfes sah er eine Frau, die rannte mit einem Sieb über den Hof und schwenkte es immer zur Tür hin.
„Was tut Ihr da, gute Frau?“
„Ach“, erwiderte sie, „ich will die Sonne in die Hütte treiben, dieweil es drinnen gar so dunkel ist, aber ich bring’s nicht fertig.“
„Was gebt Ihr mir, wenn ich sie Euch flugs hineintreibe?“
,, Hundert Marktgroschen!“ Da nahm er Axt und Säge, schlug ein Loch in die Wand, setzte einen Fensterrahmen ein, und schon fiel der Sonnenschein in die Hütte. Der Mann ließ sich von der Frau die hundert Marktgroschen geben und ging heim, zurück zu seiner Frau. Zu der sagte er: „Es gibt noch mehr Weiber auf der Welt, so dumm wie du, am Ende gar noch dümmer!“

Märchen aus der Ukraine